Acht Regeln
Kill your Darlings!
Meist sind die vom Autor am meisten geliebten Stellen die unwirksamsten. Es versteht sie meist nur der Autor und ein ganz kleiner Kreis von Eingeweihten in all ihrer Intention.
Some Darlings may live. Aber wirklich nur die wenigsten, und die müssen gut sein! Z.B. Sprachspiele, ungewöhnliche Formulierungen, bewusst (!) schiefe Metaphern (solange sie noch funktionieren), Neologismen.
Fasse dich kurz
Strukturiere deine Informationen sinnvoll. Pro Satz maximal zwei neue Informationen bringen und dabei stets noch einmal bekannte aufgreifen.
„HU-Präsident Jürgen Mlynek kandidiert für eine neue Amtszeit“ enthält sehr viele Informationen: Es gibt einen Präsidenten (1), es gibt etwas namens HU (2), das einen Präsidenten hat (3), dieser Präsident heißt Jürgen Mlynek (4), offenbar nähert sich seine Amtszeit dem Ende (5), er will Präsident bleiben (6) und stellt sich daher als Kandidat zur Verfügung (7), es wird weiterhin Präsidenten geben (8), die jeweils für eine bestimmte Zeit ins Amt gewählt (9) werden (10) – einige dieser Dinge sind bekannt, einige neu; es gilt also, nicht zu viele neue Infos in einem Satz zu verpacken
Sei präzise in Inhalt und Sprache
Suche das treffende Wort, hüte dich vor Amtsdeutsch oder anderen Fachsprachen! So wie Zahlenangaben stimmen sollen, ist auch stets das richtige Wort, die richtige Formulierung entscheidend.
Gerade im Amtsdeutsch gibt es viele offizielle Formulierungen, die mehr beinhalten, als nur die Information, was geschieht – sind sie nicht auf Anhieb verständlich, können sie nicht unkommentiert verwendet werden.
Mache dich nicht mit deinen Gesprächspartnern gemein. Sie wissen, was sie dir erzählt haben, aber die Leser, die davon keine Ahnung haben, sollen es auch verstehen. Du kannst auch nur das richtig und verständlich schreiben, was du selbst verstanden hast.
Sei verständlich
Jemand, der von dem Thema kaum Ahnung hat, muss dem Text folgen können und die wichtigsten Informationen verstehen. Es bieten sich jüngere Geschwister oder ältere Verwandte (Großeltern) als Testleser an. Ihre Fragen zeigen genau auf, was fehlt und ob der Text funktioniert. Da sie mit dem Autor verwandt sind, werden sie selten sagen, ein Text sei schlecht, aber ihre Fragen sind wichtig!
Achte auf den Aufbau
Der Informationsanlass muss leicht auffindbar sein. Die Gedankenkette muss funkionieren. Arbeite bewusst mit Absätzen, Zwischentiteln. Greife manche Dinge wieder auf, um sicherzugehen, dass der Leser den Faden nicht vergisst. Der Bogen vom Anfang des Textes zum Ende muss sich organisch, dynamisch, natürlich ergeben.
Nutze Zusatztexte
Zahlen sind in Tabellen oder Grafiken besser aufgehoben als im Text. Definitionen oder Hintergrund-Infos kann man in kleinen Zusatztexten („Kästen“) unterbringen, man muss nicht mitten im Text in einen Exkurs abschweifen.
Schreibe, was du meinst
Zynismus, Sarkasmus, Ironie sind in der gesprochenen Sprache gute Hilfsmittel; geschrieben funktionieren sie so selten, dass man sie meiden sollte. Auch „nicht schlecht“ ist ironisch (wird gern vergessen) – ist es nun „gut“ oder „angemessen“ oder „geeignet“ oder „angebracht“ oder sonstwas? Gib wenig Spielraum zur Interpretation dessen, was du meinst. Die Sprache ist auch ohne diese „so sagen, anders meinen“-Mittel ungenau genug.
Ignoriere alle Regeln
Regelbrüche wecken Interesse, sind aber langweilig, wenn sie nur um ihrer selbst willen geschehen. Alle paar Zeilen ein Regelbruch führt dazu, dass keiner mehr die Regelbrüche als Spannungselement wahrnimmt.
Finde einen guten Grund für den Regelbruch und inszeniere ihn angemessen.
Autor: Alexander Florin bei LinkedIn