Projektmanagement mit Prince 2
Zahlreiche Methoden für Projektmanagement wollen dabei helfen, ein Ziel zu erreichen. „Projects in Controlled Environments“ (kurz Prince, in der Version 2 seit 2009) beschreibt ein Framework, in dem sich das Projekt bewegt. Dabei werden Grundprinzipien, Themen und Prozesse definiert.
Prince 2 kombiniert zahlreiche Best-Practice-Ansätze und erweitert das klassische Dreieck Kosten – Zeitrahmen – Qualität um die drei Dimensionen Umfang, Risiken und Nutzen. Kombiniert mit einem sehr klaren Rollenmodell erzeugt es auf den ersten Blick viel „Overhead“. Auf den zweiten Blick werden nur die Anforderungen, die der gesunde Menschenverstand ebenfalls hervorbringt, kanalisiert und in eine robuste Struktur gefasst. Prince 2 ist somit gerade für größere Projekte oder Projektteams geeignet, um Klarheit und Verbindlichkeit herzustellen.
Sieben Grundprinzipien
Das Fundament von Prince 2 besteht aus diesen sieben Prinzipien. Diese gelten ohne Ausnahme und müssen in jedem Projekt erfüllt werden.
Fortlaufende Geschäftliche Rechtfertigung: Gibt es einen dokumentierten und genehmigten Nutzen?
Lernen aus Erfahrungen: Dokumentieren von und Zurückgreifen auf andere Projekte und Quellen
Definierte Rollen und Verantwortlichkeiten: Wer ist wofür verantwortlich (responsible und accountable) und wofür nicht? Hierarchische Zuständigkeiten.
Steuern über Managementphasen: Das Projekt ist in Phasen gegliedert, die aufeinander aufbauen
Steuern nach dem Ausnahmeprinzip: Die nächsthöhere Ebene wird einbezogen, sobald vereinbarte Toleranzen überschritten werden – und nur dann.
Produktorientierung: Der Schwerpunkt liegt auf der Qualität des Produkts – diese wird im Vorfeld definiert.
Anpassen an die Projektumgebung: Prince 2 ist kein Dogma, sondern erfährt in der konkreten Ausprägung jeweils geeignete Anpassungen.
Sieben Themen
Diese sieben Themen werden kontinuierlich während des Projektlaufes behandelt. Sie bilden dien Hauptaufgabe eines Projektmanagers.
Warum: Business Case – die ursprüngliche Idee und ihr wirtschaftlicher Nutzen (wird bei jedem Phasenübergang als Referenz herangezogen und über die Weiterführung entschieden). Der Business Case ist in gewisser Weise die User Story des Projekts.
Wer: Organisation – die hierarchische Struktur des Projektteams (meist außerhalb der sonstigen Unternehmensstrukturen) mit ihren Rollen und Verantwortlichkeiten.
Was: Qualität – Kriterien, die das fertige Produkt erfüllen muss (z.B. Performanz, Einsatzumgebung, Use-Cases); dabei wird geklärt, wie das Projektmanagement die Erfüllung dieser Kriterien erreicht.
Wie/Wie viel: Pläne – Jede Hierarchie genehmigt die Pläne für die Hierarchieebene darunter und erhält Status- und Abschlussberichte. Pläne bilden den Kern der Kommunikationsstruktur (Projekt Team Meetings, Statusberichte, Meetings des Lenkungsausschusses etc.)
Was ist, wenn: Risiken – Erfassen aller Eventualitäten, die den Projekterfolg beeinträchtigen können. Unsicherheiten und Gefahren werden so rechtzeitig berücksichtigt, kommuniziert und können abgewehrt, vermieden werden … oder es wird ein „Plan B“ erstellt. Da ein Projekt immer scheitern kann, ist es nötig, die Risiken von Anfang an zu berücksichtigen.
Was sind die Auswirkungen: Änderungen – Unerwartete Probleme, Änderungsanträge (Change Requests) oder Qualitätsfehler haben Effekte auf den Projektfortschritt. Werden im Vorfeld die Abläufe und Entscheidungsketten für solche Ereignisse bzw. die Reaktionen beim Eintreten eines Risikoereignisses definiert, gibt es für die Beteiligten weniger Überraschungen.
Wo/Wohin: Fortschritt – Die Durchführbarkeit der Pläne wird kontinuierlich kontrolliert. Dazu gehören Planfreigaben, Beobachtung der erzielten Ergebnisse und Eskalationsprozesse. Die Details sind im Kommunikationsplan jedes Projekts vereinbart und enthalten Regelungen zu beispielsweise Statusberichten, Informationspflichten und -ketten.
Sieben Prozesse
Das Projekt wird in Prozessen erreicht. Jeder Prozess besteht aus einer Abfolge von Tätigkeiten, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Dabei wird aus einem definierten Input ein definierter Output erzeugt. Das Gesamtprojekt ist in mindestens zwei Phasen (Stages) gegliedert: Initiierungs- und Managementphase.
Vorbereiten eines Projekts: Es wird die grundsätzliche Machbarkeit und der Bedarf festgestellt. Dieser Prozess findet noch vor Projektstart statt, bevor also Ressourcen o.ä. festgelegt sind. Eine Einzelperson oder Personengruppe erhält das Mandat, ein bestimmtes Projektziel zu verfolgen. Ziel des Prozesses ist es, das Projekt in seinem Umfang und mit Lösungsansätzen zu erfassen (Projektbeschreibung) und die Initiierungsphase zu planen.
Lenken eines Projekts: Der Lenkungsausschuss steuert das Projekt aus der „Vogelperspektive“, die Alltagsarbeit übernimmt der Projektmanager. Der Lenkungsausschuss wird regelmäßig informiert, entscheidet über Pläne, fungiert als Eskalationsstufe bei Problemen oder Toleranzüberschreitungen. Er ist für die Kommunikation mit den Stakeholdern (Nutznießern) des Projekts verantwortlich.
Initiieren eines Projekts: Ein „Project Initiation Document“ (PID) bildet quasi den Vertrag zwischen Projektmanager und Lenkungsausschuss. Es enthält:
- Projektplan
- Berichtswesen
- Kommunikationsstruktur
- Risikomanagement
- Qualitätsmanagement
- Projektsteuerung
- Businessplan
Steuern einer Phase: Dieser Prozess enthält die Tätigkeiten des Projektmanagers inkl. Berichte an Lenkungsausschuss, Freigeben und Prüfen von Arbeitspaketen, Erfassen von Risiken und offenen Punkten.
Managen der Produktlieferung: Die eigentliche Arbeit wird von Teams erledigt, die von Team-Managern oder -Leitern gesteuert werden. Dieser Prozess definiert die Zusammenarbeit zwischen Team- und Projektmanager: Arbeitspakete übergeben, ausführen und akzeptieren.
Managen eines Phasenübergangs: Ein Prince-2-Projekt verläuft in Phasen. Bevor die nächste begonnen werden kann, wird die aktuelle abgeschlossen. Der Lenkungsausschuss entscheidet anhand der Berichte über die aktuelle und der Pläne für die nächste Phase über die Fortführung des Projekts. Dabei werden der Projektplan und Business Case aktualisiert.
Abschließen eines Projekts: Zu einem definierten Punkt gilt ein Projekt als abgeschlossen. Das Projektprodukt wird übergeben, (spätestens jetzt) die Erfahrungen erfasst, der Umgang mit offenen Punkten geklärt. Das Produkt wird in den Regelbetrieb übergeben. Nach Abschluss des Projekts wird der Lenkungsausschuss aufgelöst.
Autor: Alexander Florin bei LinkedIn